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Compliance als Enabler – nicht als Bremsklotz
Lange galt Compliance als notwendiges Übel – als regulatorische Pflicht, die Innovation bremst. Diese Sichtweise ändert sich rasant. Wer seine KYC- und KYB-Prozesse intelligent aufsetzt, kann Geschwindigkeit und Sicherheit zugleich erreichen.
Im Webinar „Zwischen Speed & Sicherheit“ diskutierten Georg Hauer (ehemals General Manager N26) und Camillo Werdich (CEO und Gründer von Sinpex) unter der Moderation von Morten Höher, wie Banken und Finanzdienstleister genau diesen Spagat meistern können. Ihre zentrale Erkenntnis: Der Zielkonflikt zwischen regulatorischer Präzision und Kundenerlebnis ist lösbar – wenn Technologie, Evidenz und Prozessdenken zusammenkommen.
Warum KYC-Prozesse heute noch scheitern
Viele Institute kämpfen mit fragmentierten Prozessen. Onboarding, Dokumentenprüfung und Monitoring laufen in unterschiedlichen Systemen, zwischen denen kein durchgängiger Datenfluss besteht. Anfangs funktioniert das, doch mit wachsender Kundenzahl entstehen Reibungsverluste, doppelte Prüfungen und Lücken im Audit-Trail. Informationen liegen verstreut, Entscheidungen sind nicht reproduzierbar, und der Aufwand in der Nachbearbeitung explodiert.
Dazu kommt: Externe Register oder Datenbanken liefern zwar nützliche Informationen, ersetzen aber keine Originaldokumente. In Audits zählt nicht, dass eine Information theoretisch vorhanden ist, sondern dass sie belegbar ist. „Wir haben die Information, aber wo ist der Nachweis?“ bleibt eine der meistgehörten Fragen von Prüfern.
Auch die Nachvollziehbarkeit ist oft unzureichend. Viele Teams wissen nicht, welche Kundendaten aktuell oder vollständig sind, und verlieren so die Übersicht über den tatsächlichen Compliance-Status. „Geschwindigkeit ist nur so gut wie die Beleg-Evidenz dahinter. Ohne Evidenz ist jeder Fortschritt ein Rückschritt im Audit“, brachte es Camillo Werdich auf den Punkt.
Die UBO-Ermittlung als Engpass im KYC
Die Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten (UBOs) bleibt der zeitintensivste Teil des KYC-Prozesses. Sie erfordert das Zusammenspiel aus juristischem Verständnis, Registerkenntnis und verlässlicher Dokumentation. Jede Rechtsform bringt eigene Anforderungen mit, jedes Land andere Registerstrukturen und Begrifflichkeiten.
Hinzu kommt, dass Kontrolle nicht immer durch Kapitalanteile definiert wird, sondern häufig über Stimmrechte oder andere Einflussmechanismen läuft. Ein verbreitetes Missverständnis besteht darin, das Transparenzregister als alleinige Quelle zu betrachten. Die Bafin stellt klar: Institute müssen UBOs aktiv ermitteln und ihre Feststellungen mit Evidenz belegen.
Datenbanken können unterstützen, ersetzen aber keine Originaldokumente. Hier setzt Technologie an. Systeme wie Sinpex lesen Handelsregisterauszüge und Gesellschafterlisten automatisch aus, extrahieren Datenpunkte, visualisieren Eigentümerstrukturen und gleichen sie mit Kundeneingaben ab. Regelwerke und Machine-Learning-Modelle identifizieren Unstimmigkeiten, markieren Kontrollverhältnisse und stoßen bei Bedarf gezielte Prüfungen an.
So können bis zu 80% der Standardfälle automatisiert bearbeitet werden, während Analyst:innen ihre Expertise auf komplexe Fälle konzentrieren.
Wachstum und Skalierung: Was sich aus der N26-Erfahrung lernen lässt
Georg Hauer berichtete aus seiner Zeit bei N26, wie schnell Compliance-Strukturen an ihre Grenzen stoßen, wenn sie nicht skalierbar aufgebaut sind. Was bei 100.000 Kund:innen funktioniert, bricht bei einer Million.
Prozesse, die auf manuelle Eingriffe angewiesen sind, halten mit exponentiellem Wachstum nicht Schritt. Besonders kritisch ist, wenn KYC, Fraud Prevention und AML-Monitoring isoliert voneinander laufen. Ohne gemeinsame Datenbasis entstehen widersprüchliche Entscheidungen und Verzögerungen.
Hauer betonte, dass viele Banken noch mit Systemen aus den 2010er-Jahren arbeiten, während Betrugsstrukturen und Kundenerwartungen längst auf einem neuen technologischen Niveau angekommen sind. Wer zwei Jahre für eine Implementierung benötigt, liefert veraltete Technologie aus.
Für Hauer ist klar: KYC ist nicht nur Compliance, sondern Produkt – und damit Teil der Customer Experience. Ein schneller, transparenter Prozess prägt die Wahrnehmung einer Bank stärker als jedes Marketingversprechen. „Compliance ist kein nice-to-have, sondern das Fundament einer Bank – und ein entscheidender Teil des Kundenerlebnisses“, so Hauer.
Automatisierung als Katalysator für Qualität und Geschwindigkeit
Automatisierung verändert die Art, wie Compliance funktioniert. Dokumente werden nicht mehr manuell geprüft, sondern maschinell erkannt, strukturiert und in Datenpunkte überführt. Diese Daten werden mit Kundeneingaben abgeglichen, Abweichungen werden transparent markiert und nachvollziehbar dokumentiert. Eigentümerstrukturen werden als Graphen visualisiert, sodass Beziehungen zwischen Anteilseignern und Kontrollpersonen auf einen Blick erkennbar sind.
Analyst:innen arbeiten dadurch nicht mehr „blind“ in PDFs, sondern mit strukturierten Entscheidungsgrundlagen. Das reduziert Fehlerraten, senkt Bearbeitungszeiten und erhöht die Revisionssicherheit. „80 bis 90% der Fälle lassen sich automatisieren – der Rest braucht Expertenwissen“, sagte Camillo Werdich. Das Ziel ist nicht, Menschen zu ersetzen, sondern sie dort einzusetzen, wo ihr Urteil wirklich zählt. Automatisierung übernimmt Routine, Expert:innen übernehmen Verantwortung.
Live-Umfragen: Wo der Markt heute steht
Während des Webinars führte Sinpex mehrere Live-Umfragen unter den Teilnehmenden durch – mit aufschlussreichen Ergebnissen. Rund 74% gaben an, dass ihre KYC-Prozesse heute noch stark manuell geprägt sind. Über 60% erklärten, dass sie keine durchgängige Evidenzdokumentation haben, sondern Informationen aus mehreren Systemen manuell zusammenführen müssen.
Gleichzeitig bestätigten 82%, dass sie den regulatorischen Druck im Zusammenhang mit der kommenden EU-Geldwäscheverordnung als „deutlich steigend“ wahrnehmen.
Besonders interessant: Fast 70% sehen Automatisierung als wichtigste Priorität für die kommenden 24 Monate, aber weniger als ein Drittel hat dafür bereits ein aktives Projekt gestartet. Diese Zahlen zeigen, wie groß die Diskrepanz zwischen Anspruch und Umsetzung noch ist – und wie viel Potenzial in smarter Prozessdigitalisierung steckt.
Das EU-Geldwäschepaket als Chance zum Neudenken
Das neue EU-Geldwäschepaket und die kommenden RTS-Standards verschärfen die Anforderungen an Transparenz, Dokumentation und Kontrolle. Viele Häuser fürchten den zusätzlichen Aufwand. Doch wer versucht, die neuen Regeln einfach auf bestehende Prozesse zu stülpen, verschärft das Problem.
Wer dagegen den Moment nutzt, um seine KYC-Architektur neu zu denken, kann regulatorische Anforderungen in Effizienz umwandeln. Der Schlüssel liegt in Event-getriebenen Prozessen: Statt alle drei Jahre alles zu prüfen, werden Ereignisse wie Registeränderungen, neue Geschäftsführer:innen oder auffällige Transaktionsmuster automatisch erkannt und bewertet.
So wird Monitoring dynamisch, aktuell und ressourcenschonend. Georg Hauer formulierte es treffend: „Wer die Regulierung nur auf bestehende Prozesse aufsetzt, macht alles komplizierter. Wer sie nutzt, um neu zu denken, wird besser.“
KYC als Produkt – die Zukunft der Compliance
Zukunftsfähige Compliance denkt KYC als durchgängiges Produkt, nicht als Abfolge isolierter Aufgaben. Systeme, die Daten erfassen, prüfen und speichern, müssen miteinander kommunizieren. Nur so entstehen Transparenz, Konsistenz und Vertrauen.
Gleichzeitig verändert sich das Kundenerlebnis. Onboarding ist heute der erste Berührungspunkt einer Geschäftsbeziehung – und damit entscheidend für die Wahrnehmung einer Marke. Ein schneller, nachvollziehbarer und revisionssicherer Prozess schafft Vertrauen und steigert Conversion Rates.
Institutionen, die diese Verbindung verstehen, gewinnen nicht nur regulatorisch, sondern auch kommerziell. Fortschritt misst sich dabei an klaren Kennzahlen wie Time-to-Yes, First-Pass-Yield oder Audit-Finding-Rate. Wer diese Werte kontinuierlich verfolgt, erkennt, ob Technologie und Mensch im richtigen Verhältnis eingesetzt sind.
Der richtige Partner macht den Unterschied
Nicht jede Technologie ist automatisch die richtige Lösung. Entscheidend ist, ob sie Automatisierung und Nachvollziehbarkeit verbindet. Gute Partner liefern nicht nur Daten, sondern Erklärbarkeit – jede Entscheidung muss prüfbar, jeder Nachweis belegbar sein. Sie arbeiten nicht als reine Anbieter, sondern als Sparring-Partner, die Prozesse gemeinsam weiterentwickeln.
Camillo Werdich betonte: „Es geht nicht darum, alles selbst zu bauen, sondern mit Spezialisten zu arbeiten, die täglich an der technologischen Spitze stehen.“ Damit wird Compliance vom Kostenfaktor zum strategischen Hebel, der Sicherheit, Effizienz und Kundenzufriedenheit vereint.
Fazit: Zwischen Speed & Sicherheit liegt Zukunftsfähigkeit
Der Balanceakt zwischen Kundenerwartung und Regulierung bleibt bestehen – aber die Mittel, ihn zu meistern, sind heute besser denn je. Mit durchgängigen, evidenzbasierten Workflows, automatisierter UBO-Ermittlung und Event-getriebenen Reviews lassen sich Geschwindigkeit und Sicherheit gleichzeitig erreichen. Sinpex unterstützt Banken, Fintechs und Finanzdienstleister dabei, KYC- und KYB-Prozesse zu digitalisieren, UBOs automatisiert zu validieren und Audit-sichere Dokumentation in Echtzeit zu gewährleisten. Wer heute investiert, schafft die Grundlage für Compliance, die nicht nur schützt, sondern Wachstum ermöglicht.
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